Mutter
Als Binhs Mutter hörte, dass ein reicher Mann sich für Binh interessiere, dachte sie, dass Binh immer ein spezielles Kind gewesen war, anders als seine Geschwister: kleiner und mit einem schönen Köpfchen, schönen Händchen und Füsschen. Sie dachte, dass es für Binh ein Glücksfall wäre, wenn ein Reicher sich seiner annehmen würde, weil sie immer gefühlt hatte, dass so ein schönes Kind etwas Besseres verdiente als ihre Armut.
Als der Soldat dann wirklich kam und Geschenke brachte für Binh und ihnen Geld gab, damit Binh in die Schule gehen konnte, dachte sie, der Milliardär wolle Binh adoptieren, weil Binh ein hübsches Kind sei. Im Herzen war sie traurig, Binh bald zu verlieren, und glücklich, dass es Binh besser ergehen würde, als es ihnen ging. Würde er sie besuchen kommen dürfen? Würde er sich an seine arme Mutter erinnern, wenn er wie ein Reicher lebte? Würde er ihnen helfen, wenn sie alt wurden? Was würden die Nachbarn sagen, wenn Binh in Saigon in einem Wolkenkratzer lebte? Wie lange dürfte Binh noch bei ihnen bleiben? War es nicht das Beste für ihn, wenn er bald nach Saigon gehen würde? Würde er einen neuen Namen annehmen?
Binh
Meine Familie ist arm. Wir sind Flüchtlinge. Ein paar Soldaten organisierten eine Schule, wo wir Flüchtlingskinder am Abend lernen dürfen. Nach ein paar Monaten nahm einer der Soldaten mich zur Seite und sagte mir, dass ein grosser Mann, der für die Schule Geld und Sachen spendete, mich auf einem Bild der Schulklasse gesehen habe und ihm den Auftrag gegeben habe, sich um mich zu kümmern. Der Soldat kaufte mir Schuhe, Kleider und ein kleines Fahrrad. Der Soldat war nett, aber ich sah gleich, dass er auf Männer steht. Warum der reiche Mann sich für mich interessierte, verstand ich nicht. Wird er die Schule besuchen kommen?
Soldat
Die Schule machte mir Freude. Binh ist ein Schatz; ich freute mich, ihm und seiner Familie helfen zu können. Binh ist intelligent genug für die normale Schule, aber Binhs Eltern sind arm. Zum Glück verstand der grosse Mann, dass Binhs Eltern nicht auf das Geld verzichten konnten, das Binh mit Lotterielose verkaufen verdiente. Der grosse Mann gab mir Geld für Binhs Eltern, damit sie Binh in die Schule gehen liessen.
Binh
Der Soldat brachte jeden Monat Geschenke für mich und Geld für meine Eltern. Der Milliardär schickte dem Soldaten zusätzlich Geld, damit ich eine vietnamesische ID bekam und in die staatliche Schule gehen konnte. Der Soldat ist wie ein älterer Bruder für mich. Ich mag ihn, aber er ist nicht so grossgewachsen, wie es mir gefällt. Der Soldat sagte meinem Vater, der grosse Mann wolle nicht, dass ich abends Lotterielose verkaufen gehe. Woher weiss der Milliardär, dass die Männer, die nachts von kleinen Jungen Lotterielose kaufen, nachher mit einem im Dunkeln rummachen wollen? Hat der Soldat es ihm gesagt?
Vater
Erst als der Soldat Binh Kleider und ein Fahrrad kaufte, begann ich die Geschichte von dem Reichen zu glauben. Will er wirklich nur, dass Binh zur Schule geht? Binh ist hübsch, aber klein und hat schlechte Zähne. Meine Frau fantasierte, ein Milliardär wolle Binh adoptieren. Wir möchten, dass Binh zur Schule geht, aber er hat drei Geschwister, die alle auch essen wollen. Wir können nicht nur an Binh denken.
Binh
Mein Vater sagt, wir seien arm und könnten das Geld des Reichen gut brauchen. Mein Vater schimpft mit mir, wenn ich meine Hausaufgaben nicht sauber schreibe, obwohl mein Vater selbst nicht schreiben kann. Der Soldat ist streng mit mir, weil sich der Lehrer über mich beklagt, der mich hasst, weil ich in die staatliche Schule gehen darf. Der Schulleiter sagte dem Soldaten, dass der Milliardär besser der staatlichen Schule einen Laptop kaufen und Bargeld für die Schule schicken soll. Aber der Milliardär spendet nur für unsere kleine Schule der Soldaten für die Flüchtlingskinder, weil er darüber in einer online Zeitung gelesen hat. Warum hat mir der Soldat ein Fahrrad, Kleider und Schuhe gekauft? Gefalle ich dem Milliardär?
Soldat
Binhs Eltern möchten, dass Binh zur Schule geht…, wenn der grosse Mann sie dafür bezahlt. Sie sind anständig, aber arm. Sie möchten, dass ihre Kinder zur Schule gehen, aber sie können nicht auf das Geld verzichten, das die Kinder mit Losverkaufen verdienen.
Binh
In der Regenzeit zerstörte der Wind unser Haus. Es war nie mehr als eine Hütte gewesen, aber nach dem Sturm stand nichts mehr und wir schliefen unter einer Plastikplane, die am Haus der Nachbarn befestigt war. Alles war nass, unsere Kleider und auch meine Schulhefte. Der Soldat bat den Milliardär um Geld, damit wir unser Haus wiederaufbauen konnten, besser als zuvor. Der Soldat zeigte dem Milliardär über Whatsapp unser Haus und sagte mir, ich solle mich bei ihm bedanken. Ich erschrak, als ich ihn auf dem Telefon des Soldaten sah. Er ist alt. Ich habe Angst vor ihm, aber weil er uns geholfen hat, habe ich mich bei ihm bedankt, wie der Soldat es mir vorgesagt hat.
Vater
Seit der Reiche dem Soldaten Geld geschickt hat, damit wir unser Haus wiederaufbauen konnten, stehen wir in seiner Schuld. Der Soldat zeigte mir auf seinem Telefon sein Bild. Der Soldat sagte, der grosse Mann sei nett und habe ein gutes Herz. Ich sah nur, dass er alt ist und aussieht, wie einer der auf Männer steht. In Phnom Penh kannte ich Jungen, die in der Stadt als Masseusen arbeiteten; sie brachten jede Woche Geld nach Hause. Wen interessiert, ob Jungen rummachen? Jungen brauchen nicht jungfräulich zu sein und werden nicht schwanger. Zum Glück ist Binh reifer, als er aussieht. Wenn er nur nichts so klein wäre!
Binh
Die Vietnamesenjungen sagten, Flüchtlinge sollten kein besseres Haus haben als Vietnamesen. Sie packten mich und wollten mich lehren, mit Männern rumzumachen. Ich fühle mich wie ein Mädchen, das in China oder Korea einen alten Mann heiraten muss. Wann wird der Milliardär mich nach Saigon bestellen? Ich wage nicht, den Soldaten zu fragen.
Mutter
Nachdem der Milliardär unser Haus bezahlt hatte, hielt ich den Mund. Haben wir nicht Glück gehabt? Wenn wir uns Geld geliehen hätten, was hätten wir erdulden müssen? Der Reiche gefällt mir nicht, aber er ist tausendmal besser als ein Geldverleiher. Ein Geldverleiher hätte sich gleich eines oder beide Mädchen geschnappt. Solange der Reiche für die anderen Flüchtlingskinder spendet, können unsere Nachbarn nicht schlecht über ihn sprechen. Wann muss Binh nach Saigon gehen? Kauft ihm der Soldat neue Kleider für die Reise?
Binh
Nach Covid sagte der Soldat, er bringe mich bald nach Saigon, um den grossen Mann zu treffen. Meine Mutter sagte, ich dürfe nie vergessen, dass der Reiche unser Haus bezahlt habe. Weil ein paar Männer schon mit mir rumgemacht hatten, wenn ich Lotterielose verkaufte, machte ich mir keine Sorgen. Ich bat den Soldaten, mir neue Unterhosen zu kaufen.
Soldat
Ich kaufte für Binh neue Kleider und einen sauberen Rucksack für die Reise. Ich habe den grossen Mann vorher nur zweimal in Saigon gesehen. Er hat viele Freunde, für die er sorgt. Was erwartet der grosse Mann von Binh? Binhs Vater überliess alles mir. Können Arme nein sagen, wenn Reiche was wollen? Wenn der grosse Mann Binh sehen will, kann ich sagen, Binh sei noch zu klein? Ich brachte Binh nach Saigon, auch wenn ich nur einen freien Tag hatte und Binh am gleichen Tag zurückbringen musste.
Binh
Der Soldat und ich fuhren zwei Stunden mit einem Luxusbus, in dem man schlafen kann. Vor jedem Sitz hat es einen Bildschirm, auf dem man Spiele spielen kann. Ich war aufgeregt. Weil ich noch nie so lange in einem Bus fuhr, wurde mir im Bus übel. Der Soldat kümmerte sich um mich.
Im Fernsehen habe ich schon Bilder von Saigon gesehen. Von der Busstation fuhren der Soldat und ich weit mit einem Taxi. Der Milliardär lebt in einer riesigen Wohnung im 9. Stock eines Hochhauses. Es war das erste Mal, dass ich in einem Lift fuhr. Die Wohnung hat einen eigenen kleinen Swimming Pool im 9. Stock neben seiner Terrasse. Ein paar junge Männer kümmern sich um ihn. Zwei sprachen Khmer, aber ich verriet nicht, dass ich Khmer verstehe. Wenn sie wüssten, dass ich ein Flüchtling bin, würden sie mich bei dem Reichen schlechtmachen? Ein Junge war jünger als die anderen und benahm sich wie ein Mädchen. Er heisst Tran und war nett mit mir. Alle behandelten mich, als wäre ich ein jüngerer Bruder. Der Soldat drängte mich, mich neben den Milliardär zu setzen, um Fotos mit ihm zu machen. Es war mir nicht angenehm, weil er älter war als ich gedacht hatte. Er sagte, er sei mein Grossvater, und schenkte mir Spielzeug und tolle Kleider aus einem teuren Geschäft in Saigon. Er liess mich im Pool schwimmen und machte ein Video, wie ich im Pool schwamm.
Soldat
Der grosse Mann hatte Binh noch nie gesehen, obwohl er schon viel Geld für Binh ausgegeben hat. Was wenn Binh dem grossen Mann nicht gefällt? Aber er behandelte Binh, als würde er ihn schon lange kennen. Wenn ich Binh mit den Augen des grossen Mannes anschaue, sehe ich, dass Binh ein hübscher Junge ist, allerdings klein und mit schlechten Zähnen, die man korrigieren müsste, doch es kostet Geld. Zum Glück ist Binh schlauer, als er aussieht.
Binh
Die jungen Männer spielten mit mir, als wäre ich ihr kleiner Bruder. Sie sagten, ich sehe cute aus, und scherzten, ich sei ihr Baby, weil ich für mein Alter klein bin. Ich mochte die jungen Männer mehr als den alten Mann, der mich ständig anschaute und viele Fotos von mir machte. Es hatte einen riesigen Fernseher. Wir schauten Zeichentrickfilme und Musikvideos. Wir assen zusammen an einem langen Tisch. Es hatte jede Menge Essen und Süssigkeiten sowie süsse Getränke und Obst. Nach fünf Stunden mussten der Soldat und ich gehen, da der Soldat am nächsten Tag wieder arbeiten musste. Ich wäre gerne in diesem Haus in Saigon mit den netten jungen Männern geblieben. Ich habe Glück, dass ich Grossvater gefalle, obwohl ich zu klein bin und schlechte Zähne habe.
Vater
Binh ist wirklich noch ein Kind! Warum ist er nicht in Saigon geblieben? Was, wenn der Reiche sich jetzt einen anderen Jungen sucht? Mit dem Soldaten ist schwer zu verhandeln. Er ist ein Katholik und glaubt fest, dass der reiche Mann Binh helfen will. Weil der Soldat unsere einzige Verbindung zum Reichen ist, tun wir, als glaubten wir, was er uns erzählt. Hält er uns für dumm, nur weil wir arm sind, und weder schreiben noch lesen können?
Binh
Als ich zu Hause von Grossvaters Wohnung erzählte, glaubten meine Eltern, ich hätte alles falsch gemacht. Hatte meine Mutter mir nicht gesagt, ich dürfe nicht vergessen, dass er unser Haus bezahlt hat? Eine Woche nach dem Besuch in Saigon kaufte mir der Soldat ein grösseres Fahrrad, da fragten meine Eltern nicht mehr weiter. Der Soldat brachte Süssigkeiten und Schuhe für die Kinder im Dorf. Im Dorf sagten die Vietnamesen-Jungs hässliche Dinge über mich, weil sie auf mein neues Fahrrad neidisch waren und meine Kleider aus Saigon. Ich tat, als hörte ich es nicht.
Mutter
Binh schwindelte, dass der reiche Mann nichts mit ihm gemacht hätte, dabei kaufte ihm der Soldat ein neues Fahrrad, kaum war Binh zurück aus Saigon. Binh wäre besser in Saigon geblieben, doch der Soldat liess ihn nicht. Der Soldat ist ein guter Mensch, aber Vietnamese und Katholik. Seine Familie ist nicht so arm wie wir.
Binh
Ich möchte Grossvater fragen, ob er mich in seiner Wohnung in Saigon wohnen lässt. Ich sehe aus wie ein kleiner Junge, aber ich bin bald fünfzehn Jahre alt. Wenn ich zu Hause in der Hängematte liege, träume ich, dass ich in der Wohnung in Saigon wohne, und bei dem jungen Mann, der mir am besten gefällt, schlafe. Sein Name ist Ho. Er sieht gut aus, ist gross und ein richtiger Mann. Ich möchte, dass er mein Freund wird. Wenn ich an ihn denke, wünsche ich mir, dass er mich besuchen kommt und nach Saigon mitnimmt.
Vater
Hat Binh den Reichen an der Angel? Binh wagt nicht, uns die Wahrheit zu sagen. Als die Nachbarn das teure Fahrrad sahen, haben sie zwei und zwei zusammengezählt.
Binh
Nach ein paar Monaten sagte der Soldat, als er uns Geld brachte, der grosse Mann wolle, dass ich drei Wochen mit ihm und den jungen Männern auf einer Insel verbringe. Der Soldat sagte, er könne nicht mitgehen, weil er arbeiten müsse in dieser Zeit. Meine Mutter sagte, ich sei noch jung. Ich sagte meinem Vater und meiner Mutter, dass Ho auf mich aufpassen würde. Ich verstand, dass der Soldat Angst hatte, dass Ho mit mir rummachen würde, aber vor Vater und Mutter tat der Soldat, als wäre auf Ho Verlass. Ich mag Ho mehr als den Soldaten. Der Soldat sagte, ich dürfe mit einem Flugzeug fliegen. Ich hoffte, Ho wiederzusehen. An Grossvater dachte ich nicht; ich träumte, dass Ho mich umarmen würde und dass ich bei ihm schlafen dürfe.
Vater
Ich schärfte Binh ein, es mit dem Reichen nicht zu verderben. Versteht Binh, was ich meine? Ist ihm klar, warum der Soldat uns Geld bringt? Binh tut, als wäre ihm alles egal. Der Soldat sagte, Ho würde auf Binh aufpassen, als sei Binh sein jüngerer Bruder. Der Soldat zeigte uns ein Bild von Ho, wo man gleich sieht, welche Sorte älterer Bruder Ho ist. Denkt Binh nur daran, dass er mit einem Flugzeug fliegen wird?
Binh
Der Soldat traut Ho nicht. Der Soldat sagte, er würde mich jeden Tag anrufen; er, der Soldat, sei mein älterer Bruder. Ho gefällt mir besser. Der Soldat ist nett und hat mir schon viel geholfen, aber ich möchte, dass Ho mein Freund wird.
Vater
Endlich ging Binh nach Saigon. Er ist kein Kind mehr, aber klein und dünn, als wäre er erst zehn Jahre alt. Wenn der Reiche ihn mag, haben wir Glück. Aus Binh wird nie ein richtiger Mann.
Binh
In Saigon gab mir Grossvater viele Geschenke. Ich dankte ihm für alles, was er für mich und meine Familie getan hatte und fragte ihn, ob er wolle, dass ich in seinem Zimmer schlafe. Ich sei alt genug. Er lachte: "Tran wird dich töten." Tran lachte und sagte: "Grossvater ist mein Ehemann!" Tran umarmte und küsste mich und küsste mich, wie mich vorher noch niemand geküsst hatte. Alle lachten. Ho sagte, bravo kleiner Bruder, gut gemacht!
Mutter
Nachdem Binh nach Saigon gefahren war, schlief ich nicht gut. Alles hing davon ab, dass Binh es mit dem Milliardär nicht verdarb. Binh hatte keine Erfahrung; aber wie kann eine Mutter mit ihrem Sohn über solche Dinge sprechen? Binh wich aus, wenn ich mit ihm sprechen wollte. Nun fehlten uns die Verwandten, die nach Chau Doc geflüchtet sind. Ein Cousin kann am besten mit einem Jungen über solche Sachen sprechen. Der Soldat ist katholisch und steht selbst auf Männer, aber will nicht darüber sprechen, dabei müsste er mit Binh sprechen. Was können wir tun? Wir brauchen das Geld, das der Soldat uns bringt.
Binh
Fliegen ist aufregend! Wir flogen auf die Insel Con Dao, weit draussen im Meer. Es war das erste Mal, dass ich das Meer sah, und ich sah es vom Flugzeug aus! Ich durfte am Fenster sitzen neben Ho.
Soldat
Ho wird Binh nicht beschützen. Ho ist ein Massagejunge wie die anderen auch. Es geht ihm nur ums Geld. Ho wird alles tun, was der grosse Mann will, und wenn Ho Lust hat, wird er selbst mit Binh rummachen. Vor seinen Eltern sprach Binh über Ho, als wäre Ho sein älterer Bruder und ich... niemand. Seine Freunde spielen dem grossen Mann vor, dass sie ihn lieben, dabei lieben sie nur sein Geld. Ich bin der Einzige, der den grossen Mann wirklich liebt, aber er zieht mir den mädchenhaften Tran und den hübschen Ho vor.
Binh
Mit vielen Freunden und ihren kleinen Kindern zu reisen, macht Spass. To und Nai brachten ihr Baby mit. Hoa brachte seinen kleinen Jungen mit, Tran brachte seine Schwester und ihr Baby mit. Tran und Ho schliefen in Grossvaters Zimmer und ich schlief in Hoas Zimmer mit Hoa und Quang. Hoa ist auch ein guter Mensch, aber ich wünsche mir, dass Ho mein Freund wird. Quang ist wie ein kleiner Bruder. Er schlief zwischen mir und Hoa.
Soldat
Sobald Binh in der Wohnung des grossen Mannes war, vergass er mich. Sechs Freunde hingen in der Wohnung rum; ein paar hatten ihre adoptierten Kinder dabei. Es ist wahr, dass ich genoss, mit fröhlichen jungen Männern zusammen zu sein, die auch auf Männer stehen, doch dann musste ich wieder daran denken, dass sie dem grossen Mann vorgaukeln, sie liebten ihn, während sie nur an seinem Geld interessiert sind. Binh schwatzte mit allen, als wären sie seine älteren Brüder. Wenn der grosse Mann nicht zuhörte, fragten sie Binh, was Binh schon gemacht habe. Was Binh jetzt in Con Dao von ihnen lernen wird, will ich nicht wissen. Es ist mein Fehler: ohne zu verstehen, was ich tat, habe ich einem reichen Mann einen Jungen zugehalten. Ich schäme mich.
Binh
Am Morgen kochen und essen alle zusammen, am Mittag gehen wir in ein kleines buddhistisches Restaurant, wo alle helfen beim Kochen. Am Abend essen wir in einem teuren Restaurant an einem langen Tisch. Ich sitze immer neben Ho und er bestellt für mich, als seien wir zusammen. Es gibt Pizza. Ich habe noch nie Pizza gegessen. Das westliche Essen schmeckt mir nicht. Jeden Tag gehen wir im Meer schwimmen. Ich kann nicht schwimmen, aber meine Brüder spielen mit mir und den kleinen Kindern. So glücklich bin ich noch nie gewesen. Ich möchte für immer auf der Insel bleiben. Grossvater behandelt mich wie einen Enkel. To und Nai sind ein Paar. Sie haben schon ein kleines Baby. Wenn sie miteinander Khmer sprechen, verstehe ich jedes Wort, aber darf mir nichts anmerken lassen. Sie sagen sich Dinge, die niemand hören dürfte. Ich möchte leben wie sie. Wir machen Ausflüge mit einem Schnellboot, wo wir bei kleineren Inseln schnorcheln können. Ich habe keine Angst, weil Ho bei mir ist. Im Boot sitze ich neben ihm. Er hält einen Arm um meine Schultern, als wären wir zusammen. Manchmal gibt er mir die Hand, wenn wir am Meer spazieren, dann bin ich glücklich.
Soldat
Ich wollte der Freund des grossen Mannes werden. Ich dachte, er sei ein guter Mensch, aber er kauft sich Jungen, die ihm gefallen, damit sie spielen, sie seien seine Freunde. Wenn sie ihm verleiden, schickt er sie dann weg und kauft sich neue? Was will er mit Binh? Binhs Eltern denken nur daran, dass der grosse Mann ihnen hundertfünfzig Millionen gab, als der Sturm ihr Haus zerstörte. Sie möchten, dass Binh in die Schule geht und einmal ein besseres Leben hat als sie, aber ohne die Hilfe des grossen Mannes ist es nicht möglich. Binhs Eltern sind gute Menschen, aber ärmer als meine Familie.
Binh
Alle diese jungen Männer stehen auf Männer. Ich fühle mich gut, mit ihnen zusammen zu sein. Ich möchte bei Ho schlafen. Wenn er mit mir spricht, berührt er mich, als wären wir Freunde. Mit ihm zu leben, wie Nai mit To lebt, und gemeinsam einen kleinen Jungen aufzuziehen, ist mein Traum.
Soldat
Ich sprach mit unserm neuen Priester über den grossen Mann und Binh. Der junge Priester sagte, die Menschen seien so: niemand sei nur gut oder nur schlecht. Ich solle an die guten Dinge denken, die der Milliardär tue. Vielleicht sei es für Binh das Beste, denn ohne den reichen Mann könne ich Binh nicht helfen. Hat der Priester gemerkt, dass ich in den grossen Mann verliebt bin? Für mich ist Binh ein kleiner Bruder. Bin ich eifersüchtig auf Binh, weil der grosse Mann ihn liebt statt mich? Das Leben ist wie ein tausendfach verknotetes Garn.
Binh
Von den jungen Männern ist nur Tran sehr jung, wenn auch älter als ich. Tran ist schön wie ein Mädchen und benimmt sich wie ein Mädchen. Ich mag ihn, weil er lustig ist. Tran behandelt mich, als wäre er meine ältere Schwester. Er merkte als erster, dass ich in Ho verliebt bin, und drängte mich, Ho zu küssen. Tran ist mit Thuy zusammen, dem ältesten Bruder, der in Saigon studiert. Thuy ist ein guter Mensch, der Grossvater massiert, wenn er Schmerzen hat.
Soldat
Ich wäre gern mit auf die Insel gefahren. Als ich mich etwas beruhigt hatte, verstand ich erstens, warum der Priester gerne über junge Männer sprach, die auf Männer stehen; zweitens, dass wenn ich von der Fabrik Urlaub erhalten hätte, ich mit nach Con Dao gereist wäre; drittens, dass ich dem grossen Mann Binh zugehalten habe, weil ich selbst Geld brauchte und erhielt. Alle sind wir gleich und ich bin einer von ihnen.
Binh
Diep kam später, direkt vom Flugplatz. Er arbeitet in Manila. Diep verdient am meisten von allen, hundert Millionen im Monat. Er kann am besten kochen… und ist der Schwierigste. Er schlief in einem eigenen Zimmer. Er fragte mich über meine Familie aus und verstand gleich, wie arm wir sind. Als er sah, dass ich Grossvater respektiere, wurde er freundlich. Tran und Diep vertragen sich nicht, obwohl sie beide gute Menschen sind. Beide sind kompliziert und beide wollen Grossvater beschützen. Sogar Diep lacht, wenn Tran herumalbert.
Diep
Binh ist ein durchschnittlich hübscher Junge, klein und mit braunen Zähnen. Nicht schlecht und nicht gut, ein gewöhnlicher Junge aus einer armen Flüchtlingsfamilie, die ohne Grossvaters Hilfe hungern würde. Grossvater hat mir zum Spass gesagt, dass er auf kleingewachsene Jungen steht. Was kann ihm Binh bieten? Binhs Eltern finden keinen Zweiten, der wie Grossvater für Binh sorgt. Sobald Grossvater ein Junge gefällt, ist Tran gleich eifersüchtig. Gehört Grossvater Tran?
Binh
Hien kam für einige Tage auf die Insel. Hien ist lustig. Grossvater kennt ihn schon lange. Tran und Hien und To sind Freunde. Grossvater liebt Hien, aber Hien macht zuviel Blödsinn, darum durfte er nur für einige Tage zu Besuch kommen. Liebt Hien Grossvater? Auch Hien lebt von Grossvaters Geld. Grossvater kann auch nein sagen.
Soldat
Wenn ich an Binh und die Jungen denke, kann ich nicht schlafen. Ihr Leben ist wie ein Traum: sie fliegen mit dem Flugzeug, baden im Meer, essen gutes Essen, schlafen in einem Guest House, gehen mit dem grossen Mann einkaufen, der alles bezahlt. Bin ich schlecht, weil ich sie beneide? Ich arbeite hier zehn Stunden in einer brütend heissen Textilfabrik und sie spielen dort mit ihren iPhones, iPads, iPods… Warum liebt mich der grosse Mann nicht, obwohl ich ihn aufrichtig liebe? Was bieten seine Freunde ihm, das ich ihm nicht geben möchte? Was bedeutet ihm Binh?
Binh
Tran drängte mich, Ho zu küssen. Ho zog den Kopf nicht weg. Als wir allein waren, sagte mir Ho, dass er mein älterer Bruder sei und nicht mehr, weil er Grossvater gehöre. Ich verstand, was er meinte, und war traurig. Er sagte mir, dass er ein Massagejunge sei. Er erklärte mir, was das bedeutet und dass man 18 Jahre alt und 170 cm gross sein muss. Ich glaube nicht, dass ich je 170 cm gross werde. Ho sagte, dass Grossvater auf kleingewachsene Jungs stehe, darum gefalle ich ihm.
Soldat
Ich bin einer von vielen. Dass ich den Flüchtlingskindern dank dem Geld des grossen Mannes helfen kann, ist meine einzige Freude. Dass die Kinder, denen ich helfe, nicht alle Engel sind, weiss ich es nicht? Müssen wir nur den Guten helfen? Auch die nettesten Soldaten, die ihre Freizeit opfern, um die Flüchtlingskinder zu unterrichten, erzählen nachts in der Kaserne Schweinereien. Habe ich nicht zugehört? Hat es mich nicht erregt? Bin ich besser als sie? Der junge Priester hat recht: Wir sind alle befleckt.
Binh
Von der Insel flogen wir zurück nach Saigon. Wir wohnten wieder in dem Haus mit dem Pool im 9. Stock. Als ich mit Grossvater allein war, dankte ich ihm für die Reise auf die Insel. Ich fragte ihn, ob er wolle, dass ich jetzt bei ihm schlafe. Er strich mir über die Haare und sagte mir, ich gefalle ihm, wie ich sei. Ich fragte ihn, ob ich in Saigon in die Schule gehen dürfe. Er antwortete, ich müsse mit dem Soldaten sprechen; der Soldat sei für mich verantwortlich. Ich sagte, "ich mag Ho lieber als den Soldaten." Er fragte mich, ob ich möchte, dass Ho mein Freund werde. Ich sagte, ja. Er fragte mich, ob er es Ho sagen solle. Ich sagte, ja. Er rief Ho und sagte Ho, dass ich ihn liebe. Ho antwortete, dass er Grossvater gehöre und streichelte meinen Nacken.
Soldat
Der junge Priester schickt mir Textnachrichten. In dieser Welt ist nichts ganz gut und nichts ganz schlecht. Er ist ein guter Mann, der vielen hilft, aber ich schäme mich für ihn.
Binh
Grossvater liess Ho und mich in einem leeren Zimmer schlafen. Ho ist ein richtiger Mann. Nun gehöre ich ihm. Ich möchte mit Ho zusammenleben, wie To und Nai, als Paar.
Soldat
Ich glaube und gleichzeitig weiss ich, dass ich nachts in der Kaserne ganz gut ohne Glauben ausgekommen bin, dass ich glaubte und nicht glaubte… Der junge Priester sprach ohne Widerwillen von Unkeuschheit.
Binh
Ich fragte Ho, ob wir jetzt zusammen seien. Ho küsste mich, wie Tran mich geküsst hatte und sagte, "wenn Grossvater Dir nicht mehr hilft, kommst Du zu mir nach Saigon."
Vater
Was in Saigon und in Con Dao passiert ist, interessiert mich nicht. Ich fragte den Soldaten, ob der Reiche uns hundert Millionen leihen könne. Der Soldat verstand, was ich meinte, und schaute mich an, als wollte er sagen, "schämst du dich nicht?" aber er kann mich lange anschauen. Mit hundert Millionen können wir einen kleinen Laden aufmachen.
Binh
Zu Hause war es, wie ich es geahnt hatte. Mein Vater fragte mich, ob ich alles gemacht hätte, was der Reiche wollte. Ich sagte, "klar!" Darauf lieh sich mein Vater von Grossvater hundert Millionen, damit meine Mutter einen kleinen Laden eröffnen kann. Bin ich hundert Millionen wert? Gehöre ich jetzt Grossvater? Wenn die Vietnamesen im Laden etwas kaufen, fragen sie mich, wann ich nach Saigon gehe.
Soldat
Wofür verlangte Binhs Vater hundert Millionen? Ist das Binhs Kaufpreis oder ein Schweigegeld? Binh fragte mich, ob er in Saigon in die Schule gehen dürfe. Er will beim grossen Mann wohnen. Bin ich der Zuhälter, der zwischen Binhs Vater und einem Milliardär hin- und hergeht? Ich wollte ein paar Flüchtlingskindern helfen… wie bin ich in diese Geschichte hineingeraten? Ich kann nicht mehr beten, weil ich selbst verdorben bin.
Binh
Grossvater hilft mir, aber er ist alt und hat viele Freunde, die sich um ihn kümmern. Mein Vater und die Leute im Dorf denken, ich müsse mich Grossvater nur an den Hals werfen und dann gebe er mir Geld. Sie verstehen nicht, dass Grossvater mich nicht braucht.
Mutter
Warum soll es eine Schande sein? Haben die anderen armen Familien nicht auch Töchter und Söhne, die in Saigon irgendwas arbeiten? Wer fragt, was irgendwas genau ist? Dank dem kleinen Laden nehme ich jeden Tag genug ein, um unser Essen zu bezahlen. Vom Fischen können wir nicht leben. Mit dem Geld, das der Soldat uns bringt, kann ich Waren für den Laden kaufen, ohne Geld ausleihen zu müssen.
Binh
Der Soldat sagt, der grosse Mann wolle, dass ich bis Ende Schulzeit im Dorf bleibe. Wir leben von dem Geld, das uns der Soldat bringt. Wenn jemand krank wird, müssen wir den Soldaten bitten, uns Geld zu schicken. Ich gehe zur Schule und lerne brav, aber lieber wäre ich in Saigon, wo mich niemand kennt. Im Dorf wissen alle, dass wir Flüchtlinge sind und von einem Milliardär leben, der auf Männer steht. Ich vermisse Ho. Ich möchte mit ihm zusammen sein wie To und Nai.
Soldat
Binh log, der grosse Mann habe nichts gemacht mit ihm. Der Priester log, er habe keine Erfahrung. Ich log, ich verstehe nicht, wovon er spricht. Was unterscheidet mich von Binh? Binh opfert sich für seine Familie. Ich muss noch hundert Millionen Familienschulden zurückzahlen, bevor ich frei bin. Ich schäme mich, den grossen Mann um so viel Geld zu bitten, aber wie lange noch? Gibt er nicht anderen Geld, die ihn weniger lieben als ich?
Binh
Meine neuen älteren Brüder schicken mir jeden Tag Messages und Bilder über Whatsapp. Es ist wunderbar, so viele grosse Brüder zu haben, die meine Freunde sind. Ich möchte mit ihnen zusammen sein, wie wir auf der Insel waren. Jetzt, wo ich wieder im Dorf bin, träume ich von Ho. Bevor wir schlafen gehen, schickt mir Ho Herzchen Emojis. Ho macht sich lustig über mich, weil ich nicht kochen kann … ich sagte zum Scherz, Tran würde für uns kochen. Ich möchte jede Nacht bei Ho schlafen.
Mutter
Als junges Mädchen hat eine Nachbarin mich einem reichen Mann zugehalten, weil wir Schulden hatten. Ich konnte nie darüber sprechen. Geht es Binh gleich? Er hat keinen Cousin, mit dem er sprechen kann. Dank dem Soldaten geht Binh nun in die richtige Schule. Binh will nicht über den Milliardär reden.
Soldat
Als ich von dem grossen Mann keine Antworten mehr erhielt auf meine Botschaften, dachte ich, er sei krank oder gestorben. Oder will er den vielen Leute, die ihn jeden Tag anbetteln, kein Geld mehr geben? Ich sandte ihm Bilder von Binh. Keine Antwort!
Binh
Als der Soldat mir sagte, dass der grosse Mann nicht mehr antwortet, dachte ich gleich, Grossvater sei gestorben. Wer wird mir jetzt helfen? Meine älteren Brüder leben alle von Grossvater. Wenn er tot ist, sind wir verloren.
Mutter
Habe ich es nicht befürchtet? Der Soldat verlor den Kontakt zu dem Milliardär. Binh weiss nicht einmal die Telefonnummer des reichen Mannes. Ist er krank oder gestorben? Zum Glück haben wir den Laden. Wenn Binh mitverdient, können wir irgendwie überleben.
Binh
Ich fragte den Soldaten, ob er uns helfen könne. Aber er hat selbst kein Geld und Schulden. Mein Vater war wütend auf den Soldaten und sagte, er hätte er sich von dem Milliardär fünfhundert Millionen ausleihen sollen. Ich durfte nicht mehr zur Schule gehen und musste jeden Tag Lotterielose verkaufen bis in die Nacht hinein. Weil die Männer, die Lose kaufen im Dunkeln mit mir rummachen wollen, habe ich Ho angerufen. Er sagte mir, dass er nicht wisse, was mit Grossvater passiert sei. Ich fragte Ho, ob ich zu ihm kommen dürfe. Er sagte: "Wenn du hierherkommst, musst du arbeiten, ich habe nicht viel Geld."
"Was kann ich arbeiten?"
"Massagejunge wie ich."
"Aber ich bin zu klein und zu jung."
"Niemand wird es erfahren; es gibt Männer, die auf kleine Jungen stehen."
"Darf ich in Saigon zur Schule gehen?"
"Mein Bruder geht auch zur Schule."
Ho schickte mir Geld für das Busticket. Ich sagte meinen Eltern, ich gehe nach Saigon, um zu arbeiten. Sie fragten mich nicht, was ich arbeiten würde.
Vater
Binh geht nach Saigon. Er sagte, Ho würde ihm Arbeit verschaffen in Saigon. Ich fragte nicht, welche Arbeit. Die jungen Männer, die auf Männer stehen, machen alle das gleiche. Wenn Binh Geld verdienen kann und etwas nach Hause schickt, müssen wir zufrieden sein. Viele im Dorf haben Kinder in Saigon, die wenn sie nach Hause kommen, ein iPhone in der Hand haben und iPods in den Ohren.
Binh
Hos Zimmer ist klein. Ich bin glücklich, bei ihm und seinem Bruder leben zu dürfen. Ho brachte mich in eine Klinik, um meine Zähne weiss machen zu lassen. Die Arbeit ist, was er gesagt hatte. Ich verdiene fünf Millionen pro Woche. Ich schicke jeden Monat zehn Millionen nach Hause und gebe den Rest Ho.
Ho hat eine eigene Website mit Bildern von Massagejungen. Er arbeitet am Computer und am Telefon und schickt die Jungen zu Kunden. Das Geld reicht für das Zimmer und unser Essen. Ich gehe zur Schule, nachher will ich studieren wie Hos jüngerer Bruder, der tagsüber in die Universität geht und am Abend arbeitet wie ich. Manche Männer mögen mich, weil Ho sagt, ich sei zwölf Jahre alt. Ho hat Feinde, die ihm schaden wollen; wir sind vorsichtig. Er hat mir ein iPhone und schöne Kleider gekauft.
Manchmal vermisse ich unser Dorf und den Soldaten. Wenn ich nach Hause fahre, sprechen wir nicht darüber, was ich in Saigon mache.
Vater
Wenn Binh nach Hause kommt, bringt er Geschenke für seine Geschwister. Er ist ein guter Sohn, der jeden Monat Geld nach Hause schickt. Im Dorf interessiert niemand, was Binh in Saigon arbeitet. Alle sind arm.
Soldat
Ich weiss, was Binh in Saigon macht. Ohne zu wollen, habe ich ein unschuldiges Kind verdorben. Ich wollte, dass Binh in die staatliche Schule gehen und später einen Beruf lernen kann oder an einer Universität studieren, und jetzt arbeitet er als Prostituierter in Saigon. Es ist meine Schuld. Ich möchte nicht mehr leben.
Binh
Der Soldat textete mir, dass der grosse Mann schwer krank gewesen sei. Grossvater schickte dem Soldaten Geld für meine Familie. Grossvater schickte auch Ho Geld.
Vater
Plötzlich brachte uns der Soldat Geld vom Reichen. Ich hatte nicht mehr damit gerechnet. Zum Glück hat uns Binh jeden Monat Geld geschickt. Binh ist ein guter Sohn. Er hat jetzt ein iPhone. Ich bin stolz auf ihn.
Binh
Wenig später kam Grossvater nach Saigon. Meine älteren Brüder und ich holten ihn am Flugplatz ab. Er hat eine Villa gemietet. Grossvater sah schwächlich aus. Er erzählte, dass er im Spital gewesen sei. Er entschuldigte sich, dass er uns nicht hat helfen können. Als Ho sagte, dass ich als Massagejunge arbeitete, weinte Grossvater. Er sah aus, als würde er bald sterben. Mir war auch zum Weinen zumute. Er ist der Einzige, der mir geholfen hat. Werde ich jemals wieder jemanden wie ihn finden? Hoa half ihm aufstehen, gehen und sich setzen. Grossvater konnte nicht allein in ein Taxi einsteigen. Hoa musste ihm helfen. Alle waren traurig. Tran weinte und sagte, er wolle Grossvater ein schönes Grab bauen lassen, es pflegen und putzen, als wäre er seine Ehefrau.
Soldat
Beim grossen Mann war ich wieder mit den jungen Männern zusammen, seinen Freunden. Während wir an dem langen Tisch assen, verstand ich, dass ich einer von ihnen bin. Auch ich lebe vom Geld des grossen Mannes. Nicht alle schlafen in seinem Bett, bin ich anders als sie?
Tran
Grossvater kaufte für alle Geschenke. Darf man von jemandem, der am Sterben ist, Geschenke annehmen? Bringt das Glück?
Vater
Ich sandte Binh eine Nachricht, er solle sich von dem Reichen 500 Millionen leihen. Wir brauchten Geld.
Binh
Der Soldat weinte am meisten. Mein Vater sagte mir auf Whatsapp, ich solle Grossvater um 500 Millionen bitten; die älteren Brüder, die Schulden hatten, baten Grossvater um Geld, um ihre Schulden zu bezahlen; Tran wollte Geld, um Grossvater ein schönes Grab zu bauen; To und Nai brauchten Geld für ihren Kuchenladen, Hoa hatte noch Schulden, Thuy ging zur Schule… alle brauchten Geld, um ohne Grossvater zu überleben. Hien ist ein hoffnungsloser Fall. Nur Diep und Ho verlangten nichts. Diep, weil er viel verdient; Ho, weil Grossvater Hos Schulden bezahlt hat, hunderte von Millionen. Nun brauchen wir kein Geld, solange Ho, Hos Bruder und ich arbeiten.
Soldat
Wie werde ich überleben, wenn der grosse Mann stirbt? Wie kann ich den Flüchtlingskindern helfen ohne ihn? Er ist wie ein Vater für mich.
Binh
Grossvater sagte, er könne jedem 250 Millionen geben. Tran sagte, es sei zuviel, aber ich wusste, dass Tran kein Einkommen hat. Er ist verloren ist, wenn Grossvater stirbt. Ist Grossvater nur nach Saigon gekommen, um uns ein letztes Mal Geld zu geben? Ich sagte Grossvater, dass er für Tran sorgen solle, wir anderen könnten arbeiten. Ich sagte Grossvater, dass niemand mehr für mich getan hat als er. Ich weinte, weil ich wusste, dass ich ihn nie mehr sehen würde.
Grossvater starb bald danach. Tran beweinte ihn und wir gedachten seiner hundert Tage nach seinem Tode.
Soldat
Ich dachte, dass ich nur noch für meine Familie würde sorgen können, doch die Freunde des grossen Mannes sagen, sie seien meine Brüder und sammeln Geld, um den Kindern weiterhin helfen zu können. Jeden Monat sitzen wir in einer Schule auf dem Fussboden und packen gemeinsam Essen und Geschenke ein für die Kinder, und wenn einer von den Freunden ausfällt, finden sich zwei neue, die wissen, wie weh Armut tut, weil sie selbst arm gewesen sind. Diep schickt Geld. Auch Thuy hilft immer.